"Bia Hà Nội" macht keinen Lärm um sich. Es kommt aus der Hauptstadt Vietnams, wird von Habeco gebraut, und hat wahrscheinlich mehr Menschen durch schwüle Nachmittage gebracht als jeder Ventilator. Gebraut wird’s seit Jahrzehnten, mal in Flaschen, mal aus rostigen Zapfhähnen direkt in Blechbecher. Auf dem Etikett prangt stolz „BIA HÀ NỘI“ und genau so heißt es eben auch: kein Schnickschnack, einfach Bier.

Antrunk: Du nimmst einen Schluck, und es passiert nicht viel. Mild, ein bisschen Mais, ein Hauch Weißbrot. Es ist wie das erste Wort in einem Smalltalk, nett, aber noch kein Versprechen.

Mittelteil: Da kommt dann ein Hauch von Zitrus, ein Schatten von Gras. Kein Aromawunder, aber: Es bleibt freundlich. Man kann sich darauf einlassen.

Mundgefühl: Kühl. Dünn. Flüssig. Das klingt jetzt gemein, ist aber ehrlich gemeint: Genau das will dieses Bier sein. Es macht sich klein, um dich groß rauszubringen.

Abgang: Weg. Kein Nachbeben, kein dramatischer Schlussakkord. Es sagt höflich Tschüss und macht Platz für den nächsten Schluck. Oder den nächsten Krug.

• Dieses Bier ist nicht für Genießer, sondern für Leute, die durstig sind.
• In Vietnam kostet es teilweise weniger als ein Sandwich.
• Es wird millionenfach getrunken.
• „Bia Hơi“, also das Fasspendant, ist noch leichter, fast wie Bierduft mit Kohlensäure.

Und trotzdem ist es Kult. Weil man dazu sitzt, schwitzt, lacht. Und das zählt mehr als Hopfenaroma.

Wer Bia Hà Nội mit einem deutschen Craft IPA vergleicht, hat das Prinzip nicht verstanden. Es geht hier nicht um Hopfensorten, sondern um das Drumherum: Menschen, Hitze, Plastikstühle, lautes Hupen und der Moment, in dem das erste kalte Glas in der Hand steht.

Dieses Bier schmeckt nicht nach Weltklasse aber nach Welt da draußen. Und das ist manchmal mehr wert als jede Goldmedaille.